Veranstaltung: | BG am 09.01.2024 |
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Tagesordnungspunkt: | 1. Aktuelles |
Antragsteller*in: | GA Friedrichshain-Kreuzberg (dort beschlossen am: 08.01.2024) |
Status: | Eingereicht |
Eingereicht: | 08.01.2024, 22:57 |
A2: Dringlichkeitsantrag: keine Exportgenehmigung für Eurofighter
Antragstext
Anlass und Dringlichkeit:
Die bündnisgrüne Außenministerin Annalena Baerbock äußerte am Sonntag,
07.01.2024 in Jerusalem, Deutschland werde sich dem britischen Wunsch nach Bau
und Lieferung von Eurofighter-Jets an das Königreich Saudi-Arabien nicht weiter
„entgegenstellen“.¹ Damit widerspricht sie eindeutig der gegenwärtigen
bündnisgrünen Beschlusslage sowie dem Ampel-Koalitionsvertrag zwischen SPD, FDP
und Bündnis 90/Die Grünen.
Antrag:
Wir fordern unsere bündnisgrünen Regierungsmitglieder dazu auf die Beschlusslage
der Bundespartei sowie den Ampel-Koalitionsvertrag zu respektieren und einer
Lieferung von Kampfflugzeugen an Saudi-Arabien nicht zuzustimmen.
Ampel-Koalitionsvertrag²: „Wir erteilen keine Exportgenehmigungen für
Rüstungsgüter an Staaten, solange diese nachweislich unmittelbar am Jemen-Krieg
beteiligt sind.“ (S. 146)
Beschluss „Wertegeleitet, multilateral, handlungsfähig: grüne Friedens- und
Sicherheitspolitik in der Zeitenwende“ der Bundesdelegiertenkonferenz (BDK) vom
15.10.2022: „Die Regierung von Saudi-Arabien begeht nachweislich massive
Menschenrechtsverletzungen und ist Kriegspartei im Jemen-Krieg. Deswegen lehnen
wir jegliche Rüstungsexporte an Saudi-Arabien ab. Wir streben auch einen
europäischen Rüstungsexportstopp für Saudi-Arabien und ein europäisches
Waffenembargo gegenüber anderen Staaten an, solange diese nachweislich
unmittelbar am Jemen-Krieg beteiligt sind. Die von Saudi-Arabien geführte
Koalition hat in den vergangenen Jahren tausende Luftangriffe im Jemen geflogen
und damit und mit der Blockade des Landes zu einer der größten humanitären
Katastrophen unserer Zeit beigetragen. Unter anderem der Druck der
internationalen Gemeinschaft auf Saudi-Arabien hat in letzter Zeit zu einem Ende
der gezielten Bombardements von ziviler Infrastruktur geführt.
Die Weigerung der Huthi-Milizen, die Waffenruhe im Jemen zu verlängern, ist ein
Grund zu großer Beunruhigung. Der internationale Druck auf alle Kriegsparteien
muss aufrecht erhalten werden, die Priorität muss ein Waffenstillstand mit dem
Ziel eines dauerhaften Friedens bleiben. Die Jemen-Klausel des
Koalitionsvertrags gilt.“ (Z. 548-560)³
Begründung
Die Regierung Saudi-Arabiens ist nachweislich für massive Menschenrechtsverletzungen verantwortlich, darunter Einschränkungen der Meinungsfreiheit, Unterdrückung von Dissident*innen, unfaire Gerichtsverfahren und die Verletzung von Rechten von Frauen und queeren Menschen. Für besondere internationale Aufmerksamkeit sorgte erst 2018 die Ermordung des saudischen Journalisten und Regimegegners Jamal Khashoggi für die nach bisherigem Erkenntnisstand maßgeblich der saudische Kronprinz Mohammed bin Salman und heutige Premierminister verantwortlich war.⁴
Saudi-Arabien ist zudem maßgeblicher Akteur im Jemen Krieg mit hunderttausenden Toten und mitverantwortlich für eine der schlimmsten vermeidbaren humanitären Katastrophen der Gegenwart. Zusätzlich zu Tötungen durch direkte Kampfhandlungen hatte der Krieg bis heute eine Vielzahl indirekter Opfer durch Hunger und mangelnde medizinische Versorgung zur Folge, weil Hilfsgüter und notwenige Medikamente auf Anweisung Saudi-Arabiens nicht ins Land gelassen wurden. Schätzungen des UNDP zufolge sind 70% der Todesopfer des Krieges Kinder unter fünf Jahren.⁵
Unabhängig davon, ob es jemals zielführend sein kann, Rüstungsgüter in Kriegs- oder Krisengebiete zu liefern, um eine Ausbreitung der Gewalt zu verhindern, handelt es sich bei Kampfflugzeugen nicht um irgendwelche Rüstungsgüter, sondern um einige der wirkungsvollsten und damit tödlichsten Kriegswaffen überhaupt. Nicht ohne Grund, trifft die deutsche Bundesregierung die Entscheidung über die Lieferung von Kampfjets an die Ukraine, die sich gegen einen völkerrechtswidrigen Angriff verteidigt, nicht leichtfertig. Auch die bloße Erwartung, Saudi-Arabien werde diese Kampfjets dazu einsetzen Raketen abzufangen, die auf Israel abgefeuert werden, rechtfertigt die Lieferung dieser strategischen Offensivwaffensysteme nicht. Ein unberechenbares Regime mit Interesse an einer dominierenden Stellung in einer Weltregion reich an fossilen Ressourcen kann keine glaubhaften Garantien abgeben. Auch das irakische Regime unter Saddam Hussein galt einst als Verbündeter und erhielt großzügig Kriegswaffen aus westlicher Produktion. Mensch möchte hoffen, dass wir mittlerweile irgendetwas aus der Geschichte gelernt hätten.
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